Das Apostolische Glaubensbekenntnis beginnt mit den Worten »Ich glaube«. Was bedeutet es, wenn jemand sagt, dass er an etwas »glaubt«? Das dazugehörige Substantiv ist der »Glaube«. Was bedeutet es, Glauben zu haben? Der Glaube ist für Christen von so grundlegender Bedeutung, dass das Christentum manchmal als »der christliche Glaube« bezeichnet wird. Um das Christentum zu verstehen, müssen wir begreifen, was es heißt, zu glauben oder Glauben zu haben. Der Glaube wird oft als das Gegenteil der Vernunft oder der Sinneswahrnehmung angesehen, also der Dinge, die wir schmecken, sehen, tasten, riechen und hören können.
Mit anderen Worten wird der Glaube oft als Gegensatz zu den Methoden betrachtet, mit denen wir die Realität erfassen. Viele Menschen denken, dass man einen Bogen um die Vernunft und Sinneswahrnehmung machen muss, um wahren Glauben zu haben, weil dieser im Widerspruch dazu steht. Die Bibel lehrt dies jedoch keineswegs. Vielmehr ist die Bibel die Grundlage des Wissens, einschließlich der Vernunft und der Sinneswahrnehmung. Der Glaube stützt sich auf diese Grundlage, aber er führt uns auch über dieses Fundament hinaus. Das mag seltsam erscheinen, denn viele Menschen betrachten den Glauben als eine völlig andere Art der Erkenntnisgewinnung. Wie sollte man aber zu einer Erkenntnis über Gott gelangen, wenn der Verstand sie nicht begreifen kann?
Eines der frühesten christlichen Glaubensbekenntnisse findet sich in der Bibel. Es ist sehr einfach gehalten und lautet: »Jesus ist der Herr« (1Kor 12,3). Natürlich ist es möglich, diesen Satz auszusprechen, ohne ihn zu verstehen. Man kann diese Aussage nachplappern, ohne zu wissen, was mit dem Begriff »Herr« gemeint ist, was das Verb »ist« bedeutet und worauf sich der Name »Jesus« bezieht. Wenn du diese Wörter nur wiederholst, ohne sie zu verstehen, stimmst du damit ihrer Bedeutung nicht zu. Du legst damit kein echtes Glaubensbekenntnis ab. Um dem Evangelium zu glauben, musst du die Botschaft des Evangeliums zumindest in gewissem Maße begriffen haben.
Das Christentum ist eine Religion mit einem Buch, das Lehren und Glaubenssätze enthält, die dafür gedacht sind, von uns verstanden zu werden. Es ergibt keinen Sinn, ein schriftliches Dokument zu haben, wenn wir den Glauben als etwas verstehen, das die Vernunft umgeht. Schriftliche Dokumente zielen darauf ab, jemanden zu überzeugen. Sie fordern die Menschen auf, ihre Vernunft einzusetzen, um die Aussage des Schriftstücks zu prüfen. Glaube im Sinne der Bibel ist also kein »blinder Glaube«. Man nimmt ihn nicht mit geschlossenen Augen an. Vielmehr lädt uns die Bibel ein, die Augen für die Wirklichkeit zu öffnen. Sie ruft uns aus der Dunkelheit ins Licht.
Andererseits wird die bloße Vernunft niemanden dazu bringen, an das Evangelium zu glauben. Auch die Sinneswahrnehmung allein kann keinen Glauben hervorrufen. In der Schrift heißt es: »Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht« (Hebr 11,1). Der Glaube bezieht sich auf Dinge, die wir nicht sehen, hören oder anfassen können. Niemand hat Gott jemals gesehen. Auch können wir das Himmelreich nicht sehen. Wir können jedoch das Werk Gottes in der Schöpfung erkennen.
Das Christentum ist eine sogenannte »Offenbarungsreligion«. Christen glauben an einen Gott, der sich durch die Natur offenbart, aber wir glauben auch an einen Gott, der gesprochen hat. Wenn wir den Glauben als Überzeugtsein von Dingen betrachten, die wir nicht sehen, meinen wir damit, dass wir Gott glauben und dem, was er uns in der Bibel offenbart hat. Dieser Glaube ist weder irrational noch unwissenschaftlich. Er beruht auf historischen Ereignissen, die tatsächlich stattgefunden haben und die mit wissenschaftlichen und sensorischen Mitteln überprüft werden können.
Wenn wir beim Wiedergeben eines Glaubensbekenntnisses sagen: »Ich glaube«, dann bekräftigen wir damit also unsere Zustimmung zu den Aussagen des Christentums und der Bibel. Es ist kein blinder, sondern ein lebendiger und echter Glaube. Die wirklichen Gegensätze zum Glauben im biblischen Sinne sind nicht Vernunft und Erfahrung, sondern Leichtgläubigkeit und Aberglaube.
Es ist wichtig, die zentrale Bedeutung des Glaubens für das Christentum zu betonen. Um diese Frage drehte sich die protestantische Reformation im 16. Jahrhundert. Martin Luther und andere beharrten darauf, dass wir durch den Glauben in Gottes Augen gerecht gemacht werden können, und zwar durch den Glauben allein. Das wirft Fragen auf. Welche Art von Glauben rechtfertigt uns vor Gott? Das neutestamentliche Buch Jakobus verdeutlicht, dass der Glaube ohne Werke tot ist und niemanden retten kann. Laut Martin Luther ist der Glaube, der uns rettet, ein lebendiger Glaube. Damit der Glaube uns rettet, müssen wir also einen lebendigen Glauben haben. Was aber macht diese Art von Glauben aus?
Die Reformatoren lehrten, dass der biblische Glaube mindestens drei Elemente beinhaltet. Zuerst ist da der Inhalt des Glaubens. Es reicht nicht aus, zu glauben, was man möchte, solange man nur aufrichtig daran glaubt. Damit der Glaube retten kann, muss sein Inhalt mit der Bibel übereinstimmen. Im Neuen Testament wird uns der wesentliche Inhalt des rettenden Glaubens vermittelt: dass Christus der Sohn Gottes ist, dass er der Erlöser ist, dass er für unsere Sünden gestorben und dass er von den Toten auferstanden ist. Das predigten die Apostel und riefen die Menschen dazu auf, es zu glauben. Bevor jemand diesen Inhalt glauben kann, muss er ihn zuerst kennen und verstehen.
Der zweite Bestandteil des rettenden Glaubens ist die intellektuelle Zustimmung. Das bedeutet, dass du bejahst, dass etwas wahr ist. Wenn ich dich frage: »Glaubst du, dass das Gras grün ist?«, möchte ich wissen, ob du diese Aussage für wahr hältst. Wenn du Ja sagst, hast du der Aussage intellektuell zugestimmt. In ähnlicher Weise fragten die frühen Christen: »Glaubst du, dass Jesus der Sohn Gottes ist?« Einige Leute sagten Nein, andere sagten Ja. Ein Ja reicht jedoch nicht aus, um rettenden Glauben zu haben. Schließlich berichtet die Bibel, dass sogar Dämonen Jesu Identität als Sohn Gottes anerkennen.
Hier kommt der dritte Aspekt des rettenden Glaubens ins Spiel: das persönliche Vertrauen und die Annahme. Du weißt nicht nur, dass die Bibel behauptet, dass Jesus der Sohn Gottes ist, sondern glaubst auch, dass diese Behauptung wahr ist und freust dich darüber. Du siehst Jesus gern als den, der er ist, und vertraust ihm voller Freude. Eine Person, die rettenden Glauben an Christus hat, war einst von Gott entfremdet und ihm gegenüber feindlich eingestellt, doch jetzt liebt und bewundert sie ihn.
Wenn jemand sagt: »Ich glaube«, dann bedeutet das, dass er den Sieg und den Triumph Christi aus tiefstem Herzen bejaht. Genau das macht ein Glaubensbekenntnis aus. Wir rezitieren es nicht einfach, weil wir es für die Wahrheit halten. Der Glaube ist mehr als nur Wissen oder intellektuelle Zustimmung, aber er ist auch nicht weniger.