Alistair Begg

Warum uns beten so oft schwer fällt

Warum uns beten so oft schwer fällt

Ich möchte mutiger und besser beten. Und ich wünsche mir das auch für dich. Unsere Gebete verraten viel über uns selbst und unseren Glauben. Robert Murray M’Cheyne, ein schottischer Prediger des 19. Jahrhunderts, soll es einmal einprägsam so ausgedrückt haben: »Was ein Mensch allein auf den Knien vor Gott ist, das ist er, und sonst nichts.«

Unsere Gespräche mit anderen verraten, was uns gedanklich beschäftigt. Aber unser privates Gespräch mit Gott offenbart, was in unserem Herzen ist. Wenn man jemandem – oder sich selbst – beim Beten zuhört, bekommt man Einblick in sein innerstes Wesen.

Anders ausgedrückt: Wofür wir unser Geld ausgeben und womit wir unsere Zeit verbringen, verrät viel über unsere wirklichen Prioritäten und Überzeugungen. Das Gleiche gilt für unsere Gebete – ob wir beten, für wen wir beten, und was wir beten. Wie steht es also mit dir? Wie mutig sind deine Gebete? Bittest du Gott um irgendetwas? Und wenn ja, bittest du ihn um Großes?

»Unsere Gebete verraten viel über uns selbst und unseren Glauben.«

Viele von uns tun sich schwer mit dem Gebet. Es gibt eine Menge Bücher zu diesem Thema, was daran liegt, dass das Beten den meisten von uns in den meisten Lebenslagen nicht leichtfällt. Und wenn wir beten, versuchen wir oft, einen Deal mit Gott auszuhandeln, oder kommen nur mit zaghaften Bitten vor ihn, weil wir nicht sicher sind, ob er sie überhaupt erfüllen wird. Oder wir bitten offen gesagt so egozentrisch, dass wir damit dem Schöpfer und Erlöser der Welt wenig Freude bereiten, wenn er uns zuhört, wie wir ihm unsere Wunschliste mit lauter weltlichen Anliegen vorlegen.

Ich möchte mutiger und besser beten. Und ich möchte, dass auch du so beten kannst. Und deshalb müssen wir lernen, wie Paulus zu beten – und zu glauben wie Paulus. Wir müssen wissen, mit wem wir sprechen und was wir ihm sagen sollen.

Mit wem sprechen wir?

Paulus wusste, zu wem er betete. Es gibt Menschen, die nur intellektuell, distanziert oder geschäftsmäßig-sachlich über Gott reden. Es ist jedoch zutiefst christlich, von Gott als Vater zu sprechen und ihn auch so anzureden. Paulus konnte von der Gnade und dem Frieden sprechen, die »von Gott, unserm Vater« kommen (Eph 1,2). Christen wissen, dass der Schöpfer aller Dinge nicht ein Vater ist – er ist ihr Vater. Das ist keine Metapher, sondern Realität. Der Apostel Johannes formuliert es so:

»Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch!« (1 Joh 3,1)

Im Galaterbrief drückt Paulus dies wunderbar aus, wenn er sagt:

»Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, auf dass er die, die unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Kindschaft empfingen. Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.« (Gal 4,4–7)

Gott sandte seinen Sohn, um uns zu seinen Söhnen zu machen. Er sandte seinen Geist, damit wir fähig werden, mit ihm in Beziehung zu treten und zu sprechen – als seine Kinder. Das ist großartig. Das Wort »Abba« lässt sich am besten mit »liebster Vater« übersetzen. Dieses Wort kam im Garten Gethsemane von den Lippen Jesu, als er im Moment allergrößter Angst zu seinem Vater schrie (vgl. Mk 14,36; Lk 22,41–44). Durch den Tod und die Auferstehung seines Erlösers erkannte Paulus, dass Gott sein Vater ist. Er verstand und erfreute sich an der großen Wahrheit, dass wir uns als Christen im Gebet nicht nur an einen majestätischen Herrscher wenden (obwohl er das ist) oder an einen unparteiischen Richter (obwohl er auch das ist) – wir nähern uns unserem Vater im Himmel und sagen: »Liebster Vater, ...« Dieser Gott ist es, mit dem wir im Gebet sprechen. Es ist eine Wahrheit, die leicht zu verstehen, aber im Alltag ebenso leicht zu vergessen ist.

Was sagen wir ihm?

Mein Problem beim Beten ist nicht nur, dass ich vergesse, mit wem ich spreche, sondern auch, dass ich oft nicht weiß, was ich sagen soll. Was möchte mein Vater gern von mir hören? Wofür kann ich am besten für meine Familie, meine Gemeinde und mich selbst beten?

Es gehört zu den großen Privilegien bei der Lektüre von Paulus’ Briefen, dass wir seine Gebete »hören« dürfen. Wir können einen Blick in sein innerstes Wesen werfen und sehen, was er auf dem Herzen hatte. Wir erfahren nicht, was ihn tagsüber auf den Beinen hält, sondern sehen ihn auf den Knien, wie er im Gebet zu Gott kommt.

Die Wahrheiten, auf die sich seine Gebete gründen und diese prägen, sollen auch uns zum Beten motivieren und uns zeigen, wie wir mit Gott reden sollen.

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