Dane Ortlund

Wachsen – aber wie?

Wachsen – aber wie?

Bist du schon über das verzweifelt, was du in deiner Heiligung zustande bringst? Wenn nicht, dann hab den Mut, dich frontal im Spiegel anzusehen. Kehre um. Erkenne deine tiefe Armut. Bitte den Herrn, dir deinen Hochmut zu vergeben. Steig in den Tod hinab – in das Wissen, wie nichtig alles ist, was du durch eigenes Bemühen an innerer Veränderung bewirken kannst. Genau dort – in dieser Bestürzung und Leere – wohnt Gott. Gerade in der Wüste lässt er mit Vorliebe Wasser sprudeln und Bäume blühen. Deine Verzweiflung ist alles, was er braucht, um das zu tun. »Allein erkenne deine Schuld« (Jer 3,13). Wenn du jedoch wegschaust, wenn du dem prüfenden Blick der personifizierten Reinheit ausweichst, wenn du deine Sündhaftigkeit mit Heiterkeit und Witzen überdeckst und dich dann schnell deinen Investmentfonds zuwendest, wenn du dir vom Leibe hältst, was du tief in deinem Herzen über deine Bosheit weißt, dann wirst du dein Wachstum zunichtemachen.

Wenn du nur ein kleines bisschen in die Verzweiflung über dich selbst hineintauchst, dann wirst du dich auch nur ein kleines bisschen zum freudigen Wachstum in Christus erheben. Gesteh nicht einfach nur ein, dass dein Zustand verzweifelt und katastrophal ist. Erlaube dir, es zu fühlen. Denk in aller Ruhe darüber nach, wie schlecht du bist, wenn du dir selbst überlassen bist.

»Wenn du nur ein kleines bisschen in die Verzweiflung über dich selbst hineintauchst, dann wirst du dich auch nur ein kleines bisschen zum freudigen Wachstum in Christus erheben. «

Wenn wir nun an unseren eigenen Fähigkeiten, unser Wachstum im Glauben hervorzubringen, verzweifelt sind – was dann? Es ist nichts Nobles daran, in der Grube der Verzweiflung sitzen zu bleiben. Gesunde Verzweiflung ist eine Kreuzung, nicht die Autobahn. Sie ist ein Tor, nicht der Weg. Wir müssen dort hin. Aber wir dürfen nicht dort bleiben. Die Bibel zeigt uns vielmehr, dass jede Erfahrung der eigenen Verzweiflung dazu dient, uns neu und tiefer in die Gemeinschaft mit Jesus hineinzuschmelzen. Es ist wie beim Trampolinspringen – zuerst geht es nach unten in die neu empfundene Leere, um dann nach oben katapultiert zu werden in neue Höhen mit Jesus. Die Bibel nennt diese Bewegung, die sich in zwei Schritten vollzieht, Umkehr und Glaube.

Umkehr bedeutet, sich vom Ich abzuwenden. Glaube bedeutet, sich zu Jesus hinzuwenden. Man kann das eine nicht ohne das andere haben. Eine Umkehr, ohne sich Jesus zuzuwenden, ist keine echte Umkehr. Ein Glaube, der sich nicht zuerst vom Ich abgewandt hat, ist kein echter Glaube. Wenn wir in die falsche Richtung unterwegs sind, bringen wir das in Ordnung, indem wir uns von der falschen Richtung abwenden und uns nun in die richtige Richtung bewegen. Beides gehört zusammen.

»Das christliche Leben funktioniert so, dass wir durch beständiges Umkehren vorwärts gehen.«

Manche Christen scheinen zu denken, dass das christliche Leben zuerst mit einem entscheidenden Akt der Umkehr angezündet und dann durch den Glauben am Brennen gehalten wird. Aber wie schon Luther lehrte, ist das ganze Leben Umkehr. In der ersten seiner 95 Thesen heißt es: »Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: ›Tut Buße‹ usw. (Mt 4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.« Das christliche Leben funktioniert so, dass wir durch beständiges Umkehren vorwärts gehen.

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