In Galater 3,1–3 erinnert Paulus die galatischen Christen daran, wie sie vom Heidentum zu Christus gekommen sind: indem ihnen »Jesus Christus vor die Augen gemalt« wurde »als der Gekreuzigte« (V. 1). Dieses »Malen« geschah durch »die Predigt« (V. 2 u. 5). Es geht also nicht um ein Gemälde im wörtlichen Sinne, sondern um ein geistiges Bild. Es geht um eine Botschaft – »Jesus Christus ... als der Gekreuzigte« (vgl. 1 Kor 2,1–5). Man beachte, dass der Kern dieser Botschaft nicht darin besteht, wie wir leben sollen, sondern was Jesus am Kreuz für uns getan hat. Das Evangelium ist zuallererst eine Verkündigung historischer Ereignisse und erst danach eine Anweisung zum Leben. Es ist zuerst die Proklamation, was Gott für uns getan hat, und erst danach eine Wegweisung, was wir tun müssen.
Genau das war bei diesen Christen in Galatien geschehen. Sie glaubten der Predigt, die sie hörten (Gal 3,2b). Verse 2 und 3 sind parallel gebaute Sätze. Paulus kontrastiert den »Glauben« mit »des Gesetzes Werke[n]«, also mit dem Befolgen des Gesetzes, und »im Geist habt ihr angefangen« mit »im Fleisch vollenden«. Das Evangelium zu glauben bedeutet mehr, als gewissen Aussagen über Christus zuzustimmen (dass er z. B. starb und auferstand). Es bedeutet, dass ich aufhöre, meine Erlösung in der Befolgung des Gesetzes zu suchen. Das »vollenden« in Vers 3 ist die Übersetzung des griechischen epi-teleo (NGÜ: »das Ziel erreichen«). Paulus beschreibt hier unseren normalen Lebenslauf. Wir alle versuchen, uns zu »vollenden« – uns vor Gott, uns selbst und den Mitmenschen angenehm zu machen –, und wir setzen darauf, dies durch unsere moralischen, beruflichen und Beziehungsleistungen zu erreichen. Paulus sagt, dass, an das Evangelium zu glauben, bedeutet, diesen Versuch aufzugeben. Wir hören auf, das Ziel durch das Befolgen des Gesetzes (»des Gesetzes Werke«, V. 2) erreichen zu wollen.
Das Ergebnis des Glaubens an das lebendig vor Augen gemalte Evangelium Christi war, dass die Galater »den Geist empfangen« haben (V. 2). Der Heilige Geist kommt, wenn jemand an die Gnade allein durch Christus allein glaubt. Die Wiedergeburt, die Paulus beschreibt, ist direkt und untrennbar mit dem Glauben an das Evangelium verbunden. Darum kann Jesus sagen, dass wir durch den Geist wiedergeboren werden (Joh 3,5), während Jakobus (Jak 1,18) und Petrus (1 Petr 1,23) sagen, dass wir durch das Wort Gottes wiedergeboren werden. Geist und Wort sind untrennbar verbunden. Der Geist wirkt nicht ohne das Evangelium. Das Evangelium ist der Kanal der Kraft des Geistes.