Nancy Guthrie

Anbetung in schweren Zeiten – Hiobs erstaunliche Reaktion

Anbetung in schweren Zeiten – Hiobs erstaunliche Reaktion

Wenn Anbetung schwerfällt

Zum Gottesdienst zu gehen, ist eine Sache; Gott anzubeten, ist etwas anderes. Ich muss zugeben, manchmal habe ich einfach keine Lust dazu. Ich empfinde dann keine Freude daran, Gott für sein Wesen und seine Taten zu loben und zu preisen – aber genau das ist eigentlich Anbetung. Manchmal kommen mir mein Dank und mein Lob unehrlich, nicht echt vor.

Das ist es auch, was mich beim Nachdenken über die Geschichte von Hiob zum Staunen bringt. Hiobs erste Reaktion auf seinen Verlust ist nicht nur Trauer und Schmerz. Als Hiob von dem Unglück erfährt, das ihn getroffen hat, wirft er sich vor Gott nieder und betet ihn an.

Erscheint dir diese Reaktion seltsam? Ein Mensch hat alles verloren und fällt Gott zu Füßen, um ihn anzubeten.

Wenn ich das lese, frage ich mich: »Was befähigt ihn dazu?«

Hiobs Glaube in der Krise

In schwierigen Zeiten kann nur ein Mensch anbeten, der etwas von Gottes Größe verstanden hat. Hier hat sich Hiob entschieden – vielleicht das erste Mal von vielen weiteren Malen – das Richtige zu tun und nicht einfach nur seinen Gefühlen nachzugeben.

»In schwierigen Zeiten kann nur ein Mensch anbeten, der etwas von Gottes Größe verstanden hat.«

Hiob fühlt sich zerschmettert, vielleicht sogar betrogen, aber er weiß dennoch, was richtig ist, und das tut er: Er betet den allmächtigen Gott an.

Offensichtlich ist Hiob klar, wie man Gott anbetet. Er braucht dazu nicht in den Tempel zu gehen. Sein Glaube ist so echt und in seinem Leben so gegenwärtig, dass er weiß, er kann Gott da anbeten, wo er ist und wie er ist. Für Hiob ist Anbetung eine Lebenshaltung.

Wenn Kummer uns innerlich verletzt, kommt auch heraus, was in uns ist. Bei manchen zeigen sich dann Selbstsucht, Stolz und Ärger. Bei anderen offenbart sich die Frucht des Heiligen Geistes: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung (Gal 5,22–23).

Hiob hat keine kleinen Sorgen; er erfährt tiefsten, existentiellen Schmerz, und das Ergebnis ist Anbetung: Hiob lobt Gott.

Wahre Anbetung – ein Gehorsamsschritt

Oft ist Anbetung ein Gehorsamsschritt. Zumindest geht es mir so. Ich erlebe, was ich auch von anderen Situationen mit meinem Herrn kenne: Wenn ich bewusst gehorche, ändert Gott meine Gefühle und ich kann ihn aus vollem Herzen anbeten.

Wir Christen beten Gott nicht an, weil wir Lust dazu haben, sondern weil er der Anbetung würdig ist. Wenn wir in einer Krise nur das tun, wozu unsere Gefühle uns drängen, zergehen wir leicht in Selbstmitleid. Wenn wir jedoch Gott loben, löst sich unser Blick von uns selbst und unserem Schmerz oder Problem. Dann schauen wir auf Gott und das rückt unsere Schwierigkeiten ins rechte Licht.

Gottesdienst bedeutet für die meisten von uns, sich am Sonntagvormittag gemeinsam mit anderen Gläubigen in einem Gemeindehaus zu versammeln, mit ihnen Lieder zu singen und einer Predigt zuzuhören. Wahrer Gottesdienst besteht jedoch darin, mit unserem Reden und Handeln deutlich zu machen, dass wir Gott für sein Wesen und für das, was er getan hat, ehren. Wenn unsere Lebensweise Gottes Herrlichkeit – sein Wesen und sein Ebenbild – für andere sichtbar macht, dann ist das Gottesdienst und genau genommen auch Anbetung oder Lobpreis. Ist es nicht so, dass wir gerade dann besonders genau beobachtet werden, wenn wir uns in einer schwierigen Situation befinden?

»Anbetung in Schmerz und Kummer ist Gott besonders kostbar – weil es uns so viel kostet. «

Anbetung in Schmerz und Kummer ist Gott besonders kostbar – weil es uns so viel kostet. Anbetung wird nicht leichter, wenn sie aus einem trauernden Herzen kommt, aber sie ist umso bedeutender.

Tatsächlich kann die Anbetung Gottes in solchen Zeiten zu einer der wichtigsten Gebetserfahrungen überhaupt werden. Vielleicht sind wir gerade in diesen Situationen für wahre Anbetung besser gerüstet als je zuvor, weil wir uns tief bewusst sind, dass wir völlig von Gott abhängig sind und unsere eigene Schwäche uns lähmt. Plötzlich sehen wir unsere Hilflosigkeit und Unfähigkeit und die allumfassende Macht Gottes im richtigen Verhältnis.

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